Der bewertungsrechtliche Substanzwert steht mangels fachlicher Fundierung seit seiner Einführung im Zuge der Erbschafsteuerreform 2009 in der Kritik. Die Auswirkungen dieser Regelungen wurden zumindest dadurch begrenzt, dass in solchen Fällen, in denen der gemeine Wert aus fremdüblichen Kaufpreisen abgeleitet wurde, ein Abgleich mit dem Substanzwert als entbehrlich galt.
Das FG Münster hat diese bis dato herrschende Meinung mit Urteil vom 15.04.2021 nun in Frage gestellt. Nach Einschätzung des erkennenden Senats sei der Substanzwert stets als Mindestwert anzusetzen und damit auch dann, wenn der gemeine Wert aus Verkäufen unter fremden Dritten geltend gemacht würde. Weder dem Wortlaut des Gesetzes sowie der Gesetzessystematik noch der Gesetzesbegründung ließe sich eine einschränkende Auslegung der Mindestwertregelung entnehmen.
Das FG Münster stellt damit die bis dato in der Literatur - unter anderem unter Verweis auf die Verwaltungsmeinung in R B 11.3 Abs. 2 Satz und R B 11.5 Abs. 1 ErbStR 2019 - vertretene Auffassung in Frage. Eine solche Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG hätte signifikante Auswirkungen auf die steuerliche Bewertungshierarchie und würde zu einer deutlichen Ausweitung des Anwendungsbereichs für die Mindestwertprüfung führen.
Für eine ausführliche Kommentierung des Urteils und die Folgen für den Praktiker empfehlen wir den Aufsatz "Der Substanzwert als Untergrenze in der steuerlichen Unternehmensbewertung", StBp 2023, 178 von StB Max Amrein, LL.M. / CVA, den wir Ihnen bei Bedarf gerne zur Verfügung stellen.
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